Auch im achten Jahr hat das Thema BarCamp in Deutschland seinen Schwung nicht verloren. Es gibt BarCamps, die nach langer Pause wiederbelebt werden und manche ThemenCamps werden sogar neu geschaffen. All das kratzt aber eigentlich nur an der Oberfläche. Denn wirklich spannend wird es, wenn das Format intern genutzt wird – sei es im Unternehmen, innerhalb eines Verbandes oder einer Organisation. Denn dort kann die „Unkonferenz“ ihre Stärke besonders ausspielen: Der oft unterschätzte Fokus auf Prozesse.
Die beiden wichtigsten Unterschiede zu einer „klassischen“ Konferenz sind dabei die obligatorische Vorstellungsrunde aller Teilnehmer und die gemeinsame Programmplanung am Morgen jedes Veranstaltungstages (mehr dazu auch im Blog der IHK). Beides sorgt dafür, dass alle Teilnehmer deutlich stärker aktiviert werden als sonst üblich – und das bei einer überdurchschnittlich hohen inhaltlichen Ausrichtung auf die Themen der anwesenden Personen. Die „Sessions“ genannten Veranstaltungen im Stundentakt haben oft Workshop-Charakter, ohne das man sich hier zu sehr auf konkrete Ergebnisse versteifen würde. Es geht vielmehr um kurze Impulse, hochwertigen Austausch und Kommunikation auf Augenhöhe – eben um Prozesse.
Seit fünf Jahren begleite ich als Berater und Moderator interne bzw. teilweise geschlossene BarCamps – sowohl bei Firmen als auch bei anderen Organisationen. Als Quintessenz sehe ich die folgenden „Sieben Gründe für ein internes BarCamp„:
- Vernetzung fördern
Ebenso banal wie zentral: Gerade die Kollegen und Akteure aus anderen Hierarchiesträngen und Verbandsteilen kennt man oft genug nicht mal persönlich oder hatte zumindest nie ernsthafte Möglichkeiten zum näheren Kennenlernen. Das offene und interaktive Format ermöglicht einen niedrigschwelligen ersten Kontakt oder eben eine tiefergehende fachliche und persönliche Vernetzung. - Veränderte Unternehmenskultur vermitteln – auch durch temporäre Aufhebung der Hierarchien
Auch wenn es natürlich weiterhin Hierarchien gibt und geben wird: In vielen Unternehmen ändern sich dank Digitalem Wandel Struktur und Kultur gerade besonders stark. Wenn sich der Geschäftsführer geduldig hinter anderen Mitarbeitern zur Sessionplanung anstellt, um seinen Vorschlag vorzustellen, sagt das oft mehr über aufkommende Veränderungen als eine Hochglanzbroschüre. - Leichterer Zugang zu komplexen Themen durch Aufarbeitung in Sessions
Auch zur intensiveren Auseinandersetzung mit komplexeren Themen ist die Aufarbeitung und Diskussion im Rahmen einzelner Sessions ein guter Weg. Denn dem einzelnen Aspekt nähert man sich in der Regel weitaus entspannter und leichter als dem Komplettpaket. - Besser internen Wissens- und Fortbildungsbedarf herausarbeiten
Gerade die unternehmensinternen Umfragen und Evalutionsversuche zur Planung der Fort- und Weiterbildung erfassen oft nur unzureichend den realen Bedarf – entweder weil einfach wichtige Bedarfe übersehen und nicht abgefragt werden oder die Teilnehmer nicht ausreichend klar „fordern“. Ein einfacher Blick auf das Programm eines BarCamps hilft dabei oft genug mehr als eine ausführliche schriftliche Befragung. Denn BarCamps sind immer auch Forbildungsveranstaltungen. - Organisationsweit besonders relevante Themen identifizieren
Wenn die Tagesordnung von den Teilnehmern festgelegt wird, hilft das oft, wichtige und nur unterschwellig vorhandene Themen auf die Agenda zu bringen – gerade, wenn z.B. am oft üblichen zweiten Tag inhaltlich etwas tiefer in bestimmte Bereiche eingetaucht wird. - Internes Potential besser nutzen
Oft finden die Projekte und Aktivitäten von Kollegen und Akteuren aus anderen Organisationsteilen unter dem eigenen Radar statt – man weiß einfach oft nicht genau, was dort passiert. Gerade die kompakten Sessions können dann helfen, einen Überblick über das Schaffen der Anderen zu ermöglichen. So entstehen schnell auch spannende Anknüpfungspunkte als Basis für neue gemeinsame Projekte. - Wissensmanagement erleichtern
Auch wenn das Wort ein bisschen aus der Mode gekommen ist: Gerade bei älteren Firmen spielt Wissensmanagement eine große Rolle, denn immer mehr Wissen geht „in Rente“. Und so vielversprechend Wikis und viele bedruckten Seiten Papier auch sind, so unersetzbar sind der Austausch und der Wissenstransfer im persönlichen Umgang.
Sind die Gründe plausibel? Gibt es noch weitere Gründe? Das können wir gerne diskutieren – z.B. unten in den Kommentaren 😉
Dieser Artikel ist im Übrigen ein Beitrag zur Blogparade „Nutzen von BarCamps“ vom Callcenter BarCamp, die bis zum 30. August 2014 geht.
Pingback: Barcamp als interne Veranstaltungsform nutzen | Nur ein Blog
Die Gründe sind mehr als plausibel, denke ich. Wenn ich mir die Punkte so durchsehe, insbesondere Punkt 2 wo es um die Unternehmenskultur geht, frage ich mich, warum dieses Veranstaltungsformat nicht viel öfter zum Einsatz kommt. Eine Frage aber auch noch: Wie groß sollte das Unternehmen sein oder wie viele Abteilungen sind erforderlich, damit ein BarCamp Nutzen stiften kann? Gibts da Erfahrungswerte? Danke!